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13.11.2020

VG Saarlouis erlaubt kosmetische Fußpflege im Saarland

Das Verwaltungsgericht hat nach einer aktuellen Pressemitteilung (Nr. 6/2020) vom 11.11.2020 mitgeteilt, dass es dem Eilantrag eines Betreibers einer kosmetischen Fußpflegepraxis stattgegeben hat.[1]

Dieser hatte sich gegen die aktuelle Verordnung der Landesregierung des Saarlandes zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (VO-CP) gewandt und sah sich in seinen Grundrechten, insbesondere aus Art. 3 GG verletzt.[2]

Das Verwaltungsgericht kam zu der Auffassung, dass bereits Vieles dafür spricht, dass die berufliche Tätigkeit des kosmetischen Fußpflegers – unabhängig von der Tatsache, dass es sich dabei nicht um einen Podologen handelt – als Ausübung eines Gesundheitsberufes einzustufen ist und damit der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 4 S. 1 VO-CP unterfällt. Dort ist geregelt, dass Heilmittelerbringer und Gesundheitsberufe von den Betriebsuntersagungen ausgenommen sind.

Weiterhin ist dort geregelt, dass der Betrieb von Friseursalons im Rahmen der bestehenden Hygienekonzepte weiterhin zulässig ist (§ 7 Abs. 4 S. 3 VO-CP). Das Verwaltungsgericht teilt mit, dass es zu der Auffassung gekommen sei, dass diese Privilegierung voraussichtlich nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 GG vereinbar ist.

Dass von der Durchführung von Fußpflegebehandlungen eine eigenständige Infektionsgefahr ausgehen, so das Gericht in seiner Pressemitteilung weiter, sei dem aktuellen Covid-19 Lagebericht des Robert Koch-Instituts nicht zu entnehmen. Die Ungleichbehandlung sei unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 GG nicht zu rechtfertigen, da die der Gesundheitsfürsorge dienenden Dienstleistungen eines kosmetischen Fußpflegers anders als die gem. § 7 Abs. 4 S. 3 VO-CP privilegierten Friseursalons, bei welchen offensichtlich seitens des Legislative davon ausgegangen wird, dass das Risiko einer COvid-19 Ansteckung hinnehmbar sei, nicht angeboten werden dürften.

Das Gericht erkennt keinen sachlichen Grund für diese Ungleichbehandlung, weil die angebliche Systemrelevanz von Friseuren aus Hygienegesichtspunkten im Verhältnis zur Fußpflege nicht nachvollziehbar sei. Jedenfalls, so das Gericht in seiner Pressemitteilung abschließend, sei ein spezifischer Beitrag von Friseuren zur Wahrung der allgemeinen Körperhygiene nicht anders zu bewerten als der entsprechende Beitrag der Fußpflege.

Die Entscheidung steht insoweit in Einklang mit den weiteren Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 09.11.2020, in welchen das Gericht festgestellt hat, dass die Ungleichbehandlung von Friseursalons und Tattoo-Studios im Hinblick auf Art. 3 und Art. 12 GG ebenfalls nicht gerechtfertigt ist. Danach stellt das umfassende Verbot der Durchführung von Tätowierungen unter Berücksichtigung der dargestellten Hygienekonzepten der Antragsteller eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber anderen körpernahen Dienstleistern (Friseuren) dar.[3]

Hinsichtlich der Podologiepraxen im Saarland wurde in den vorgenannten Beschlüssen keine Stellung genommen. Allerdings findet sich in dem Beschluss des VG Saarlouis vom 11.11.2020 eine entscheidende Passage:

„Zwar erscheint es zweifelhaft, ob die Bereichsausnahme aus § 7 Abs. 4 Satz 2 VO-CP weiter einengend dahingehend verstanden werden kann, dass sie, wie der Antragsgegner meint, die Leistungserbringung der dort genannten Heilmittelerbringer und Gesundheitsdienstleister nur dann erlaubt, wenn sie aufgrund ärztlicher Verordnung erbracht wird. Dies findet im Wortlaut der Verordnung, der lediglich generell auf die Zugehörigkeit des Betriebs zu den Heilmittelerbringern oder Gesundheitsberufen abstellt, keine ausdrückliche Stütze.“[4]

Das Gericht zeigt hier auf, dass es abweichend von den Vertretern der Landesregierung des Saarlandes nicht davon ausgeht, dass die Bereichsausnahme, dass Heilmittelerbringer und Gesundheitsberufe von den Betriebsschließungen ausgenommen sind sich nicht auf medizinisch notwendige Behandlungen beschränkt. Dies geht aus der Verordnung nach Ansicht des Gerichtes nicht hervor.

Würde nun dieser Ansicht gefolgt werden, dann dürfen Podologiepraxen im Saarland nicht nur öffnen und medizinisch notwendige Behandlungen, sondern ihr volles Leistungsspektrum an gesundheitlichen Dienstleistungen erbringen. Diese Schlussfolgerung lässt sich zudem durch die weiteren Ausführungen im vorgenannten Urteil untermauern. Das Gericht stellt auf die Umschreibung des Begriffes des Gesundheitsberufes, den das Bundesgesundheitsministerium veröffentlicht hat, wonach unter dem Begriff des Gesundheitsberufs im Allgemeinen alle Berufe zusammengefasst werden, die im weitesten Sinne mit der Gesundheit zu tun haben.[5]

Das Gericht konstatiert weiter, dass der Betrieb einer kosmetischen Fußpflegepraxis, der seine Betätigung mit der Behandlung von Pilzen, Hornhaut und weiteren Krankheiten sowie der Pflege von Füßen von alten kranken Menschen, die alle vier Wochen regelmäßig zur Behandlung kommen müssen im weitesten Sinne der Gesundheit der Kunden dient und somit als Gesundheitsberuf zu qualifizieren ist.[6] Danach ist die kosmetische Fußpflege von der Bereichsausnahme nach Ansicht des Gerichts umfasst.

Selbst, wenn dieser Ansicht nicht gefolgt würde, so liegt nach Ansicht des Gerichts hier dennoch eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vor. So heißt in der Entscheidung weiter:

„Hiervon ausgehend erscheint es unter dem Blickwinkel von Art. 3 GG nicht zu rechtfertigen, dass die der Gesundheit dienenden Behandlungsleistungen des Antragstellers anders als die Dienstleistungen der gemäß § 7 Abs. 4 Satz 3 VO-CP privilegierten Friseursalons nicht weiter in einem diesbezüglichen Betrieb erbracht werden dürfen. Bei Friseuren geht der Verordnungsgeber ersichtlich davon aus, dass das Risiko einer Infektion in diesem Bereich seuchenrechtlich hinnehmbar sei. Ebenso wie das Oberverwaltungsgericht vermag auch die Kammer einen die Ungleichbehandlung zu anderen körpernahen Dienstleistungen rechtfertigenden Grund für diese Differenzierung nicht zu erkennen.“[7]

Die Entscheidung des VG Saarlouis stellt allerdings bislang nur eine Einzelfallentscheidung betreffend den Antragssteller dar, d.h. es ist darin keine Aufhebung der Norm des § 7 Abs. 4 VO-CP zu sehen. Unter Ansehung des Urteiles dürfe allerdings gerade für die betroffenen Podologiepraxen im Geltungsbereich des VO-CP gelten, dass diese wie gewohnt unter Einhaltung der entsprechenden Hygienekonzepte arbeiten dürfen, denn einerseits sind die Podologiepraxen eindeutig von der Bereichsausnahme des § 7 Abs. 4 S. 2 VO-CP umfasst. Dort ist auch, wie das Gericht zutreffend in der zitierten Entscheidung darstellt kein Vorbehalt auf medizinisch notwendige Behandlungen verankert, sodass auch die über die medizinisch notwendigen Maßnahmen hinausgehend angebotenen kosmetischen Behandlungsdienstleistungen zulässig sind. Andererseits hat das Gericht, zumindest auf diesen einen Einzelfall festgestellt, dass die Betriebsuntersagung ungerechtfertigt ist und die betroffene kosmetische Fußpflegepraxis ihren Geschäftsbetrieb und Wahrung der Sicherungs- und Hygienemaßnahmen wieder aufnehmen kann. Demzufolge muss dies gleichlautend auch auf Podologiepraxen anzuwenden sein. Immerhin handelt es sich bei Podologen um Berufsträger, die ausgehend von ihrer Ausbildung hinsichtlich der Hygiene und des Infektionsschutzes deutlich besser qualifiziert sind als kosmetische Fußpfleger.

Es sei an dieser Stelle der abschließende Hinweis erlaubt, dass es sich bei vorgenannten Ausführungen um generelle rechtstheoretische Gedanken handelt, die nicht einzelfallbezogen sind sondern als Argumentationsgrundlage dienen sollen. Die genauen rechtlichen Umstände der jeweiligen Praxis sind bitte mit den zuständigen Behörden und ggfs. dem eigenen Rechtsbeistand abzuklären.

Hans-Günter Huber

Rechtsanwalt und Mediator

Justiziar des Deutschen Verbandes für Podologie (ZFD) e.V.

                                                 


[1] Quelle: Pressemitteilung des VG Saarlouis Nr. 6/2020 v. 11.11.2020.

[2] Verordnungstext abrufbar unter: https://corona.saarland.de/DE/service/downloads/_documents/corona-verfuegungen/dld-2020-10-30-amtsblatt-rechtsverordnung.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (zuletzt abgerufen am 13.11.2020, 9:45 Uhr).

[3] Quelle: Pressemitteilung des OVG Saarlouis Nr. 19/2020 v. 09.11.2020.

[4] Beschluss VG Saarlouis vom 11.11.2020, Az.: 6 L 1372/20.

[5]https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/gesundheitswesen/gesundheitsberufe/gesundheitsberufe-allgemein.html (zuletzt besucht am13.11.2020, 12:05 Uhr)

[6] Beschluss VG Saarlouis vom 11.11.2020, Az.: 6 L 1372/20.

[7] Beschluss VG Saarlouis vom 11.11.2020, Az.: 6 L 1372/20.

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